Die Ursachen für Haarausfall

Gelegentlicher oder chronischer Haarausfall oder androgenetische Alopezie: Es kann jeden treffen. Die Ursachen sind vielfältig und nicht immer leicht zu erkennen. Hier ein Überblick.

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Inhalt

Wie verläuft der Haarwuchszyklus?

Um den Prozess des Haarausfalls und seine Ursachen vollständig zu verstehen, ist es wichtig, die Zyklen des Haarwuchses zu kennen. Jedes Haar durchläuft einen Lebenszyklus mit drei Phasen: Wachstumsphase, Übergangsphase, Ausfallphase:

  • Anagenphase: die Wachstumsphase. Während dieser Phase vermehren sich die Zellen der Haarwurzel. In dieser Phase wird das Haar, auch Haarschaft genannt, vom Haarfollikel gebildet Diese Phase, in der das Haar einen Zentimeter pro Monat wächst, dauert im Durchschnitt 2 bis 6 Jahre
  • Katagenphase: die Übergangsphase, in der der Haarfollikel inaktiv wird. Die Zellen hören auf, sich zu vermehren und das Haar wächst nicht mehr. Diese Phase dauert etwa 2 bis 3 Wochen.
  • Telogenphase: die Ausfallphase Das Haar fällt nicht sofort aus, sondern erst nach 2 bis 3 Monaten. Das nachwachsende Haar schiebt dann das «tote» Haar aus dem Follikel heraus, sodass dieses schliesslich ausfällt. Unter normalen Bedingungen durchläuft jeder Haarfollikel seinen eigenen Zyklus, sodass sich nicht alle Haare auf dem Kopf im selben Wachstumszyklus befinden. Auf einer gesunden Kopfhaut mit etwa 100.000 Haaren befinden sich 86 % der Haarfollikel in der Anagenphase*. Es ist also normal, 50 bis 100 Haare pro Tag zu verlieren, was der normalen Haarerneuerung entspricht. Dieser Haarausfall ist in der Regel unmerklich und wird im Alltag nicht unbedingt wahrgenommen.

Warum fällt das Haar aus?

Wenn der Lebenszyklus der Haare durch verschiedene Faktoren gestört oder sogar unterbrochen wird, kann sich der tägliche Haarausfall auf bis zu 300 Haare pro Tag erhöhen. Ab diesem Punkt macht sich der Haarausfall bemerkbar und man findet Haare auf dem Kopfkissenbezug, auf der Kleidung, auf dem Boden...
Bestimmte Faktoren können den Haarzyklus beschleunigen. Die Zyklen folgen viel schneller aufeinander als normal, und schliesslich ist der Follikel erschöpft. Das Haar hat keine Zeit mehr, normal zu wachsen, es wird immer dünner und verschwindet schliesslich ganz.

Haarausfall bei Frauen: Hormonelle Ursachen sind häufig

Es ist nicht immer einfach, die genaue Ursache des Haarausfalls zu ermitteln, vor allem, wenn es sich um einen temporären Haarausfall handelt. Experten nehmen dabei jedoch immer zuerst hormonelle Veränderungen unter die Lupe. Tatsächlich haben Wissenschaftler beobachtet und erkannt, dass Hormone mehr oder weniger stark an den verschiedenen Arten von Haarausfall beteiligt sind. Das gilt für das akute Telogeneffluvium (temporärer Haarausfall), für das chronische Telogeneffluvium (chronischer Haarausfall), für die androgenetische Alopezie und für den Haarausfall im Zusammenhang mit der Menopause.
Es sind in der Mehrheit Frauen, die einen Facharzt aufgrund ihres Haarausfalls aufsuchen. Bei Frauen ist Haarausfall aufgrund von hormonellen Schwankungen recht häufig:

  • Ein Zusammenhang zwischen der Antibabypille und Haarausfall ist nicht ungewöhnlich. Dies ist auf die Zusammensetzung und Dosierung der Hormone zurückzuführen, die von Pille zu Pille unterschiedlich sein können. So haben Gestagene allein androgene Wirkungen auf das Haar, was zu diffusem temporärem Haarausfall führen kann. Gestagene in Kombination mit Östrogenen können sich dagegen positiv auf die Haarqualität auswirken. Eine weitere häufige Ursache für Haarausfall bei Frauen unter 30 ist das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS: eine Hormonstörung, die eine übermässige Produktion androgener Hormone verursacht und für Fruchtbarkeitsprobleme verantwortlich sein kann). Hormonelle Ungleichgewichte im Zusammenhang mit dieser Pathologie sind häufig für Alopezie verantwortlich.
  • Hormonelle Veränderungen, die in der Zeit nach der Entbindung beobachtet werden, führen häufig zu temporärem Haarausfall. Ursache ist der starke Abfall des Östrogenspiegels nach der Entbindung. Experten schätzen, dass ein Drittel bis die Hälfte aller Frauen von Haarausfall betroffen ist. Haarausfall nach der Entbindung**.
  • Schilddrüsenerkrankungen werden häufig als eine der Ursachen für Alopezie genannt, insbesondere für das chronische Telogeneffluvium (die wissenschaftliche Bezeichnung für chronischen Haarausfall, d.h. fluktuierenden und fortschreitenden Haarausfall, der länger als 6 Monate anhält). Diese Art von Haarausfall kann bei Männern die gleichen Ursachen haben.
  • Die androgenetische Alopezie ist ebenfalls hormonell bedingt, sie steht in einem Zusammenhang mit den Androgenrezeptoren der Haarwurzeln. Sie ist die Hauptursache für Haarausfall bei Männern. Diese Art des chronischen lokalen Haarausfalls (fortschreitender Haarausfall über Jahre hinweg) tritt in der Regel zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf 70-80 % der Männer sind im Laufe ihres Lebens betroffen, bei den Frauen sind es 29-42%***. In vielen Fällen ist Alopezie erblich bedingt. Die Ursachen für diese Form der Alopezie sind bei Frauen die gleichen.
  • Hormonelle Veränderungen nach der Menopause können ebenfalls die Ursache für Haarausfall sein. Haarausfall im Zusammenhang mit der Menopause kann bei manchen Frauen eine bereits bestehende Alopezie auslösen oder verschlimmern.

Doch es gibt auch andere Ursachen…

Haarausfall bei jüngeren Frauen kann andere Ursachen haben, die nichts mit den Hormonen zu tun haben.

  • Stressbedingter Haarausfall löst einen bestimmten physiologischen Mechanismus aus: Zellen der Kopfhaut, die akutem oder starkem Stress ausgesetzt sind, schütten Botenstoffe aus, die eine akute Entzündungskaskade in Gang setzen. Dadurch wird der normale Haarzyklus gehemmt: Die Haare treten vorzeitig in die Telogenphae ein und fallen 2 bis 3 Monate nach dem auslösenden Faktor plötzlich und stark aus. Dies wird als temporärer Haarausfall oder akutes Telogeneffluvium bezeichnet.
  • Es besteht ein Zusammenhang zwischen Müdigkeit und Haarausfall gibt es tatsächlich. Körperliche und psychische Erschöpfung kann bei verschiedenen Arten von Haarausfall eine Rolle spielen:

- entweder reaktiv, nach vorübergehender, aber intensiver Müdigkeit.

- oder chronisch, zum Beispiel als Folge einer Blutarmut durch Eisenmangel. In engem Zusammenhang mit Müdigkeit kann Haarausfall durch Nährstoffmangel zu wechselndem Haarausfall führen, der länger als 6 Monate anhält.

  • Manche Menschen haben Haarausfall beim Wechsel der Jahreszeiten, vor allem im Herbst. Dieses Phänomen könnte mit dem Einfluss der Sonne auf die Produktion von Hormonen zusammenhängen, die den Lebenszyklus der Haare im Sommer positiv beeinflussen. Dieser positive Einfluss verschwindet, wenn die Tage im Herbst kürzer und weniger sonnig werden, was zu temporärem Haarausfall führt. Dieser Haarausfall ist sehr vorübergehend und hält maximal 4 bis 6 Wochen an.
  • Die Traktionsalopezie ist ein mechanisch bedingter Haarausfall. Es handelt sich um eine lokalisierte Form der Alopezie, die zu fortschreitendem Haarausfall im Stirnbereich und an den Schläfen führt. Sie wird durch Stylingpraktiken verursacht, die die Haarwurzeln strapazieren (Dutt, enger Pferdeschwanz, Zöpfe, schwere Zöpfe, Flechtfrisuren, Extensions, Glätten). Werden diese Stylingpraktiken über einen längeren Zeitraum durchgeführt, können die Haarfollikel irreparabel zerstört werden. Dies führt zu einer vernarbenden Alopezie, die irreversibel ist. Es kommt zu einer fortschreitenden Rückbildung der Haarwurzel. Traktionsalopezie tritt häufig bei Frauen auf, insbesondere bei afrikanischen Frauen. Bis zu 30% sind betroffen.****
  • Der kreisrunde Haarausfallist eine Form der Alopezie, die in unterschiedlich grossen Flecken auftritt, die manchmal sogar die gesamte Kopfhaut betreffen können. Die Ursache für diese Art von Haarausfall ist eine Autoimmunerkrankung, die oft durch starken Stress, hormonelle Veränderungen oder Virusinfektionen ausgelöst wird. Die Haarfollikel werden vom Immunsystem plötzlich als Fremdkörper angesehen, so dass es beschliesst, sie zu zerstören. Die Haarfollikel werden jedoch nicht vollständig zerstört, so dass das Haar wieder nachwachsen kann, was jedoch mehrere Jahre dauern kann.
  • Ringelflechte ist eine weitere Form der Alopezie, die durch kreisrunde rote Flecken gekennzeichnet ist. In diesem Fall ist die Ursache der Alopezie infektiös: ein mikroskopisch kleiner Pilz, der die Haarfollikel infiziert und Haarausfall verursacht. Die Krankheit tritt vor allem bei Kindern und Menschen mit geschwächtem Immunsystem auf und kann sehr ansteckend sein. Sie wird mit Medikamenten behandelt, die den Pilz abtöten (Antimykotika), und das Haar wächst nach der Genesung normal nach.
  • Auch die Geschlechtskrankheit Syphilis kann zu lokalem oder diffusem Haarausfall oder zu beidem führen. Syphilis kann in ihrer sekundären Form Alopezie verursachen, die gewöhnlich den hinteren und oberen Bereich des Kopfs befällt. Der Haarausfall kann von einer allgemeinen Rötung des Körpers ohne Juckreiz begleitet sein. Durch die Behandlung mit Antibiotika kann diese Infektion schnell geheilt werden, so dass das Haar wieder normal wachsen kann.
  • Eine vernarbende Alopezie ist eine Form der lokalisierten Alopezie, die durch einen Bereich mit glatter, vernarbter Haut gekennzeichnet ist, auf dem kein Haar nachwächst. Die Haarfollikel sind vollständig zerstört und durch fibröses Gewebe ersetzt. Sie wird durch Trauma, Verbrennung, Bestrahlung der Kopfhaut oder Entzündung der Kopfhaut verursacht.
  • Der Begriff medikamentös bedingte Alopezie beschreibt eine Form des Haarausfalls, die als Reaktion auf die Einnahme bestimmter Medikamente auftritt. Die wichtigsten Arzneimittelgruppen, die man in diesem Zusammenhang im Blick haben sollte, sind Antikoagulanzien, Antidepressiva, Antikonvulsiva, Antihypertensiva, bestimmte entzündungshemmende Medikamente, Schilddrüsenmedikamente, Betablocker, bestimmte cholesterinsenkende Medikamente, lithiumhaltige Medikamente und Retinoide.
    Eine Chemotherapie oder eine Strahlentherapie im Kopf- und Nackenbereich kann ebenfalls zu starkem Haarausfall führen. Man spricht in diesem Fall von einem Anageneffluvium.

COVID-19 ist ein relativer neuer Verursacher von reaktivem (temporärem) Haarausfall (bzw. einem akuten Telogeneffluvium). Der Haarausfall, der nach COVID-19 auftritt, ist auf den durch diese Virusinfektion verursachten Entzündungszustand zurückzuführen. Das hohe Fieber, das die Erkrankung häufig begleitet, gilt ebenfalls als möglicher Auslöser. Daher macht es Sinn, Patienten mit einem reaktiven Haarausfall nach einer zurückliegenden Infektion mit dem Coronavirus zu befragen. In dem ungewöhnlichen Kontext einer Pandemie können Stress und Angst Faktoren sein, die die Folgen der Krankheit verstärken und den Haarausfall verschlimmern.

Wann sollte ich mir Sorgen über Haarausfall machen

Haarausfall kann jeden in jedem Alter treffen. Er kann recht vorübergehend sein und nur einige Monate dauern, bevor sich der Zustand wieder normalisiert.
Wenn der Haarausfall über einen längeren Zeitraum (mehr als 6 Monate) anhält und mit einer allmählichen Abnahme der Dichte oder mit Symptomen wie Juckreiz, Schmerzen oder Rötungen einhergeht, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Auf diese Weise kann die Ursache ermittelt und wenn möglich behandelt werden.
* Quelle: Olsen, 1994; Shapiro, 1996
**Quelle: Grover and Khurana, 2013
*** Quelle: Blume-Peytavi et al., 2011; Wang et al., 2010)
**** Quelle: Billero et al. 2018

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